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Klangspiel für die Kinder von Ilvesheim

In der Staatlichen Schule Ilvesheim leben und lernen blinde und sehbehinderte Kinder. Für sie sollte das Kunstwerk sein, das im Rahmen der baulichen Erweiterungen 1997 auf einer der weitläufigen Freiflächen realisiert werden sollte.
Wir, die an dem dafür ausgerichteten Wettbewerb  beteiligten Künstlerinnen und Künstler, wurden eingeladen, einen oder mehrere Tage mit den Kindern im Internat zu verbringen. In dem Teil der Schule, für den das Kunstwerk zu entwickeln war, leben Kinder, die nicht nur sehbehindert, sondern auch in ihren anderen körperlichen und geistigen Fähigkeiten zum Teil stark eingeschränkt sind. Von meinem zweitägigen Besuch bei ihnen blieb mir, neben ihrer für mich überraschenden  Direktheit und Suche nach Nähe, vor allem in Erinnerung, wie sie begeistert vom Hören erzählten. Vom tollen Lärm des Müllwagens, vom Rattern der Nähmaschine, vom Muhen der Kuh zuhause, von Liedern, Glockenspielen, vom Klang beim Schlagen auf den Tisch, beim Klopfen aufs Treppengeländer, beim Klatschen in die Hände und so fort.

So erdachte und entwickelte ich das Klangspiel für die Kinder von Ilvesheim, eine runde stählerne Kugelbahn, die von den Kindern selbst zum Klingen gebracht werden kann.
Kugeln verschiedener Größen, aus Holz und Metall, können auf unterschiedliche Bahnen gebracht werden, die zum Teil festgelegt, zum Teil durch Zufälle variabel sind. Die Kugeln erzeugen in ihrem Lauf die verschiedensten Geräusche, Töne, Melodien, Klänge und Lärm.

Das begehbare und mit Rollstühlen befahrbare Klangspiel ist konzentrisch aufgebaut. Das Zentrum bildet  ein Zylinder, in dessen Inneren die Kugeln eine Wendeltreppe aus Holzglocken hinunterspringen und dadurch eine einfache  feine Melodie erzeugen.

In der das Plateau umgebenden Brüstung läuft eine weitere Bahn. Hier sausen die Kugeln unter hängenden metallenen Röhren entlang, schlagen in ihrem Lauf gegen hölzerne und stählerne Klöppel, die wiederum die Röhren anschlagen, sie zum Klingen bringen und eine ganze lange Weile noch pendelnd nachschlagen.

Eine dritte Bahn führt, gegenläufig zur Brüstungsbahn, um das Plateau herum. Hier können die Kugeln eine hölzerne Treppe hinunter hüpfen. Sie können auf einen Weg aus waagrecht liegenden Rohren geraten, aus geriffelten und gewellten Blechen, über lose befestigte Gitter oder glatte Flächen. Das scheppert und dröhnt, trommelwirbelt  heftig und laut, oder die stählernen Kugeln sausen schnell leise wummernd entlang der äußeren Bande.
Alle Wege dieser dritten Bahn laufen in einem großen Glockenfeld aus, wo die Kugeln mal hierhin, mal dorthin schlagen, gegen Glocken unterschiedlichster Größen und Stärken, und wo sie so immer wieder neue Tonfolgen entstehen lassen.
Man kann natürlich alle Bahnen gleichzeitig bespielen, man kann auf jeder Bahn Kugel um Kugel dicht hintereinander laufen lassen, um einen ganz mit Klang erfüllten Raum zu schaffen. Man kann aber auch nur eine einzige Kugel auf den Weg schicken und aufmerksam ihren Lauf um einen herum verfolgen.

Hörbeispiel des Klangspiels (ca. 7min)

 

  • Gebaut 1997 für die Staatliche Blindenschule in Ilvesheim in Zusammenarbeit mit der Firma Komet in Urbach
  • Stahl, Edelstahl, Holz,  Durchmesser des Klangspiels 600 cm
  • © Andrea Zaumseil
  • Fotos: 1-2 Dirk Altenkirch, 3-6 Andrea Zaumseil